Die sog. Symptome sind bei ASS vielfältig und können je nach Lebensbereich variieren. 

Der autismus Deutschland e.V. nennt folgende Merkmale:

  • Besonderheiten im Umgang und in der Kommunikation mit Mitmenschen
  • Besonderheiten im Verhalten
  • Besonderheiten in der Wahrnehmung und der Verarbeitung von Umwelt- und Sinneseindrücken
  • Psychische Begleitstörungen und Probleme

Die ADD Klinik in Viby listet folgende Anzeichen auf:

  • Verminderter Augenkontakt – das Kind sucht nicht spontan Augenkontakt und reagiert in geringerem Maße auf Augenkontaktversuche anderer.
  • Es kann schwierig sein, das Kind „aufzurufen“ – es schaut nicht spontan, selbst bei Rufen und Berühren nicht.
  • Viele Kinder mögen keine körperliche Berührung oder wenn dann nur von den Eltern. 
  • Begrenzter Umfang an Versuchen, die Aufmerksamkeit anderer auf etwas Bestimmtes zu lenken (Zeigen koordiniert mit Blickkontakt). 
  • Lädt selten zum Teilen von Gefühlen (Begeisterung, Freude) ein.
  • Vorliebe für Sortieren, Ordnen und Systematisieren (Stapeln, Sortieren und Anordnen) statt für Spielen. 
  • Kinder, die „Parallelspiele“ statt Rollenspiele spielen. 
  • Verzögerte Sprachentwicklung. Die Kinder scheinen weniger an Kommunikation interessiert zu sein.
  • Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist ein vermindertes Maß an sozialer Kommunikation und Smalltalk zu beobachten.
  • Vermindertes Verständnis dafür, wie man sich in Gesprächen abwechselt.
  • Die Kinder können oft heftig reagieren, wenn sie von der Schule und dem Kindergarten nach Hause kommen.
  • Häufig sehr feinsinnig/sensibel.
  • Taktile und sensorische Schwierigkeiten (hassen enge Hosen, mögen keine fettigen Finger).
  • Sehr wählerischer Esser, essen oft nur ein paar vertraute Dinge. Wird oft als empfindlich gegenüber Zusammensetzungen empfunden.

Für mich waren die Besonderheiten meines Sohnes vor dem Gespräch mit der Psychologin nicht sehr auffällig, da ich zum einen keine Vergleiche hatte und bei vielem annahm, dass sei so bei Kindern, zum anderen, weil ich selbst „merkwürdig“ bin, in vielen Bereichen nicht „der Norm“ entspreche. Seit ich mich mit dem Thema Autismus beschäftige, kann ich diese Besonderheiten besser deuten und verstehen. 

Hier einige Situationen von uns:

  • Mein Sohn schaut mich oft nicht an, wenn ich mit ihm spreche. Früher habe ich versucht, ihn dazu zu bringen. Bis er mir eines Tages erklärte, dass er sich viel besser auf das Gespräch und den Inhalt konzentrieren kann, wenn er mich nicht anschaut. Das Anschauen lenkt ihn ab. Ich habe das danach selbst versucht, und durfte einsehen, dass er recht hat. Auch ich kann mich besser auf das Gesagte und meine Gedanken fokussieren, wenn ich „ins Leere” schaue. 
  • Mein Sohn hat nie viel körperlichen Kontakt gesucht. Fremden gegenüber mag er das gar nicht. Er gibt keine Hand, er grüßt nicht, er verabschiedet sich nicht. 
  • Mein Sohn fährt nicht gern längere Strecken, auch in unserem Auto nicht. Und v.a. nicht, wenn es Strecken sind, die er nicht kennt. 
  • Wir waren mal in einem Ferienhaus nicht weit von uns, den Ort kannte er schon, das Haus nicht. Nach zwei Minuten im Haus, ging er zurück ins Auto und begann zu weinen. Der Urlaub war vorbei. Als wir nach Hause kamen, nahm er seine Koffer und packte ihn aus. Er nahm alle Sachen aus seinen Schränken und sortierte sie zusammen mit den Koffersachen komplett neu ein. Fast zwei Stunden lang. Ich habe noch nie einen solch ordentlichen Schrank gesehen. Das hatte er zuvor noch nie gemacht.
  • Mein Sohn spricht und spielt mit Vorliebe mit seinen Kuscheltieren. Sie sind eigentlich immer mit dabei. Sein bester Freund sitzt auch mit am Tisch und ist mit in der Schule dabei.
  • Mein Sohn hat später laufen gelernt als andere Kinder bzw. hat eigentlich nie „geübt” zu laufen. Er hat die Kinder in der Krippe bei ihren Laufversuchen beobachtet und wie sie dabei hingefallen sind, hat es selbst aber nicht versucht. Stattdessen ist er ein halbes Jahr später eines Tages aufgestanden und gelaufen.
  • In der Gegenwart von fremden Menschen spricht er selten bis gar nicht. Auch in der Schule sagt er oft nur das Nötigste, antwortet auf Fragen. Mit mir allein spricht er manchmal ununterbrochen. Wenn seine Energie verbraucht ist und/oder er überfordert ist von etwas, dann antwortet er meist nur über sein Kuscheltier und/oder in seiner „eigenen Sprache“.
  • Wenn er überlastet ist, seine Energie verbraucht ist, reagiert er auf vermeintliche Kleinigkeiten übel gelaunt bis richtig wütend. Als ich ihn früher aus dem Kindergarten/der Schule abgeholt habe, konnte ich das nicht einordnen. Intuitiv habe ich dann versucht, ihm Ruhe zu verschaffen, was geholfen hat.
  • Er hat sich früher oft übergeben und hat noch immer öfters Bauchschmerzen, meist in für ihn stressigen Situationen. Heute erkläre ich mir das mit zu vielen Informationen und/oder Dingen, die er „schwer verdauen“ kann. 
  • Er schaut gern fern, aber keine Filme, nur Wissenssendungen, Fußballsendungen und YouTube-Videos zu seinen Interessen. Ich vermute, die Stimmungen und Emotionen, die in Filmen erschaffen werden, sind ihm zu viel.
  • Mein Sohn ist unheimlich feinsinnig, mit allen Sinnen. Einmal fuhr ein Auto an uns vorbei und war nur ganz kurz in Sichtweite. Mein Sohn konnte nicht nur die Farbe des Autos sagen und wie viele Insassen es hatte, sondern auch, welchen Gesichtsausdruck die Leute hatten und wie alt sie in etwa waren. Er riecht unheimlich gut und ist von starken Gerüchen irritiert. Und Lärm lässt ihn in Tränen ausbrechen, wenn sein Energiespeicher schon geleert ist und er keine Möglichkeit zum Entkommen hat.
  • Er ist wetterfühlig. Zu starker Wind, Wetterwechsel und Kälte beeinflussen ihn und seinen Energiehaushalt sehr. 
  • Er ist wählerisch bei seinen Anziehsachen. Am besten immer die gleiche Hose, das gleich Shirt etc. und nur bestimmt Stoffe. Wenn es darum geht, von Sommer- auf Winterkluft umzustellen, kann das Wochen dauern. Er rennt dann oft noch bei 5 Grad ohne Jacke draußen herum.
  • Beim Essen ist mein Sohn ebenfalls wählerisch – er isst sehr ausgewählt. Die einzelnen Essensbestandteile dürfen, wenn möglich, nicht vermengt werden – weder beim Kochen noch auf dem Teller. Wenn nötig nimmt er sich einen weiteren Teller und/oder eine Schüssel dazu. Und neues Besteck.

 

Auf LinkedIn las ich einen Artikel von Florina Malicke, Coach für Erwachsene im Autismus-Spektrum, zu Frauen und Autismus. Im Folgenden ein Ausschnitt daraus:

„Autistische Mädchen und Frauen entwickeln oft frühzeitig Strategien, um in sozialen Situationen besser zurechtzukommen. Diese Masking-Strategien umfassen das bewusste Imitieren sozialer Normen, das Aufrechterhalten von Blickkontakt und das Praktizieren von Small Talk. […] Die Tatsache, dass die Diagnosekriterien für Autismus ursprünglich auf männlichen Mustern basierten, verschärft das Problem. Mädchen und Frauen zeigen oft andere Verhaltensweisen und Interessen als ihre männlichen Pendants, die in den traditionellen Diagnoseverfahren nicht ausreichend berücksichtigt werden. In vielen Kulturen wird zudem erwartet, dass Mädchen und Frauen sozialer und einfühlsamer sind. Diese Erwartungen führen dazu, dass autistische Mädchen, die versuchen, sich anzupassen, als schüchtern oder introvertiert wahrgenommen werden ...“

 

„If you've met one person with autism, you've met one person with autism.“ 
(Stephen Mark Shore)