„Der Körper als Geschichtenerzähler“ (Peter Levine)

„Unser Körper fühlt und macht sinnliche Erfahrungen, er muss etwas begreifen und erleben, um neue Wege gehen zu können.“ (Dami Charf)

 

Man spricht manchmal von dem „dreieinigen Gehirn“. Da ist zum Einen das Stammhirn, der entwicklungsgeschichtlich älteste (ca. 500 Millionen Jahre alte) Gehirnteil. Dieser ist für das Überleben zuständig. Erst ca. 300 Millionen Jahre später hat sich das limbische System darauf gesetzt. Das ist sozusagen der Teil, wo Emotionen und Bindungen ins Leben kamen. Das was uns als Menschen praktisch ausmacht, sind der Neocortex und der frontale Cortex, durch den wir z.B. abstrakt denken können. Dieser entwickelte sich erst vor ca. 200.000 Jahren. Traumata werden im Stammhirn gespeichert, weil diese Erlebnisse etwas sind, wo es ums Überleben geht, wo unsere Instinkte und Reflexe gefragt sind. Das Stammhirn, als älteste Hirnregion, reagiert aber nur sehr indirekt auf Sprache. D.h. ich kann Dinge hundertmal erzählen, aber es ändert nichts am Empfinden und bringt das Trauma überhaupt nicht zum Verschwinden, wäre dies anders, wäre jede und jeder Betroffene geheilt. Deswegen lässt man heute in der Trauma-Psychotherapie Klient*innen eigentlich nicht mehr die traumatischen Geschichten erzählen. Vor einigen Jahren bestand noch die Annahme, dass ein Trauma davon „geheilt” wird, wenn es in möglichst vielen Details erzählt wird. Heute weiß man, dass es weder sinnvoll noch heilsam ist, sondern nur hoch belastend oder gar retraumatisierend. (Auszug aus dem Artikel „Psychotherapien bei Trauma – warum sie oft nicht wirken“)

 

Es gibt viele verschieden Therapieformen. Aus o.a. Grund und aus eigenen Erfahrungen möchte ich allerdings dazu raten, den Körper mit einzubeziehen. Der Mensch ist ein komplexes Wesen und ein System, das in der Gesamtheit gesehen werden will und sollte. Das heißt, Körper, Geist und Seele sind mit einander verwoben und beeinflussen sich.

„Erinnerungen an sehr frühe Erlebnisse werden im Körper als energetische Blöcke und körperliche Empfindungen gespeichert; diese dringen unter Umständen zu einem späteren Zeitpunkt ans Bewusstsein, wenn eine assoziative Verbindung zur ursprünglichen Erfahrung eintritt. Meist geschieht dies unterhalb der Schwelle der bewussten Wahrnehmung auf der Ebene einer körperlichen Reaktion, eines Symptoms oder einer inneren Einstellung, die ihrerseits weitere Bereiche des Verhaltens beeinflusst. Durch Körperarbeit und Bewegungstherapie können neue Empfindungen erfahren und verschiedene Reaktionsmuster erkundet werden. Wird ein neues Empfindungsmuster so unterstützt, dass es integriert werden kann, dann können wir zwischen der alten und der neuen Art des Erlebens wählen.“ (Linda Hartley: „Einführung in Body-Mind-Centering – Die Weisheit des Körpers in Bewegung“)

Es gibt mittlerweile viele Therapeuten, die (auch) körperlich arbeiten, u.a. mit Methoden wie bindungs- und körperorientierten Psychotherapie, darunter Somatic Experiencing, sowie EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing).

Da es schwierig sein kann, (geeignete) Therapeuten in der Umgebung zu finden, ist ggf. eine Kombination aus mehreren verschiedenen Therapien überlegenswert. Ich bspw. habe Online-Traumatherapien, die u.a. Traumawissen und Hilfe zur Selbstregulation bieten, mit Osteopathie kombiniert und übe mich zusätzlich in Body-Mind-Centering. Das hat mir bisher sehr geholfen. 

Was zusätzlich zu Therapien helfen kann, sind Entspannungsübungen wie Atemtraining, Yoga, Meditation sowie Spaziergänge und angenehme Naturerlebnisse. Letztlich alles, was den Körper entspannt und das Nervensystem entlastet.

Ungemein wichtig ist m.E. außerdem, auf die Systeme um den Trauma betroffenen Menschen zu achten (Familie, Kita/Schule/Arbeitsplatz, Freunde etc.). Denn wenn diese Systeme nicht genügend Sicherheit und Akzeptanz bieten oder vielleicht sogar immer wieder neue Wunden zufügen, wird es schwer, die alten zu heilen.